Die Geschichte von Australien beginnt in Sydney

Die Geschichte von Australien beginnt 1788 in Sydney. Von dort aus eroberte das britische Commonwealth Australien. Dumm nur, dass bereits andere Menschen die Insel bevölkert und ein Anrecht darauf hatten. Doch wie so oft in der Geschichte der Menschheit störten sich die Siedler wenig an Landrechten.

Großes Land, aber keine Superlative

Unendliche Weiten von oben

Australien ist das sechstgrößte Land, zeitgleich der global kleinste Kontinent. Zu dem Kontinent gehören Papua-Neuguinea und die vorgelagerten Inseln wie Tasmanien. Die wenigsten Menschen wissen, dass Australien sogar den Äquator berührt! Ganz versteckt touchiert die Insel Kabare im Norden den Breitengrad 0.

Politisch zählt man auch gern Neuseeland zu dem Kontinent. Neuere Forschungen belegen jedoch, dass Neuseeland nicht aus dem Meer emporstieg, sondern eher unterging. Das heute sichtbare Land blieb zurück. Daher auch der Name „Zealandia“ als eigenständiger Kontinent. Dazu später im Beitrag über Neuseeland mehr.

Australien beherbergt sogar Mikrostaaten. Am 21. April 1970 gründete HRH Leonard seinen eigenen Staat, weil ihm die gesetzlichen Regularien der Weizenpreise nicht gefielen. Der Farmer ging dabei so weit, dass er sogar einen eigenen Einreisestempel in sein Land verlangte. Dies verweigerte ihm die britische Krone. Das Fürstentum Hutt River gilt immer noch als unabhängiges Territorium. Bedauerlicherweise verstarb Prinz Leonard im Jahr 2019 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 92 Jahren. Wenn du mal etwas Zeit hast, stöbere dich durch die Homepage. Es ist wirklich sehr kurzweilig und nur ein wenig skurril.

Skurril, aber schön bunt war wohl auch die einstige Mikronation „Gay & Lesbian Kingdom of the Coral Sea Islands“. Als das Parlament die Ehe von gleichgeschlechtlichen Partnern im November 2017 anerkannte, löste sich die Mikronation nach 13 Jahren auf der kleinen Insel auf.

Die Australier verlieren auch gern mal den Überblick über ihr eigenes Land. 1983 fand ein Dokumentarfilmer plötzlich ein bisher unbeachtetes Gebiet. Die Bungle Bungle Felsformationen östlich in der Kimberly Region umfassen beeindruckende Sandsteinformationen aus rotem Sandstein, die Bienenstöcken ähneln. Inzwischen haben auch Touristen dieses Gebiet für sich entdeckt.

Einige Dinge will auch niemand wissen. So wurden in Australien insgesamt neun Atomwaffentests durchgeführt und England schoss ihren ersten und einzigen Satelliten ins All. „Woomera prohibited Area“ im Bundesstaat South Australia war von 1947 bis 1982 militärische Sperrzone.

Doch zurück zu den Anfängen des großen Landes.

Die ersten Siedler

1788 gründete die britische Krone die erste Kolonie an der Küste Australiens. Die ersten Siedler waren Strafgefangene. Keine Schwerverbrecher, sondern zumeist junge und kräftige Männer, die dem Strafvollzug in Britannien entfliehen wollten. In späteren Jahren entpuppte sich dies jedoch als Unwahrheit, denn eine Wahlmöglichkeit gab es für viele Männer nicht. Sie wurden gegen ihren Willen deportiert. Einige Berufe waren dabei hilfreich, und so verloren Männer ihr Leben in England, weil sie eine Pflaume gestohlen und einen Beruf ausgeübt hatten, der für den Aufbau einer zivilisierten Gesellschaft von Nutzen war.

In den Sydney Hyde Park Barracks, wo einst die Siedler ein leidvolles Leben in Australien begannen, kannst du heute der Geschichte auf die Spur gehen und die Schritte der Menschen damals nachverfolgen. Es beginnt mit den Erzählungen eines damals 16-jährigen Knaben, der auf der weiten Seefahrt nach Australien sein Schicksal nur erahnen konnte. Zu Unrecht deportiert und tagelang ohne festen Boden unter den Füßen auf dem Weg in ein unbekanntes Schicksal. Es muss sich schrecklich angefühlt haben. Zumal die Männer auch noch schwere Eisen an Händen und Füssen trugen.

140 Tage auf hoher See, ohne nur die leiseste Ahnung, was mit ihnen geschehen wird. Unsere längste Anzahl an Seetagen betrug bisher 6 Tage. Das Gefühl von Weite um sich herum ist einzigartig und manchmal auch beängstigend. Wir kannten unser Ziel und haben diese Reise so wählen dürfen. Doch die Männer damals verbrachten fast ein halbes Jahr auf dem Wasser mit ungewissen Schicksal. Unvorstellbar!

In zahlreichen Schaukästen wird das harte Los der Männer in der englischen Gefangenschaft als Neusiedler deutlich. Ratten waren eindeutig nicht das schlimmste Problem. Doch sie waren auch froh, denn das Leben glich ein wenig dem in einer englischen Kleinstadt.

Die Ausstellung ist leider komplett auf Englisch und ein deutscher Audioguide ist nicht verfügbar. Emma interpretierte die Geschichte eines Mannes, der trunken auf der Straße von einer Ratte attackiert wurde als liebevolle Handlung der Ratte. Ihrer Ansicht nach hätte der Mann eine harte Strafe der Aufseher entgegengesehen, wenn die Ratte mit ihrem Biss ihn nicht geweckt hätte. Wer in einer behüteten Zivilisation lebt, sieht sogar in abgebissenen Brustwarzen etwas Hilfreiches!

Die Zivilisation soll wachsen

Im Laufe der Jahre wurde es den Gefangen erlaubt, freiwillig zu bleiben. So wie dir beim Lesen dieser Zeilen bewusst sein muss, dass hier nix freiwillig ist, wie sehr muss es damals den armen Männern klar gewesen sein. Doch freiwillig hieß auch, keine Strafen mehr über sich ergehen zu lassen und mehr Platz für sein Leben zu gewinnen. Die Ausbeutung von Strafgefangenen zumindest endete nach über 29 Jahren im Jahr 1848. Rund 50.000 der 80.000 Strafgefangenen, die nach North South Wales transportiert wurden, verließen die Tore der Stadt, um ein eigenes Leben zu führen.

Die fleißigen Siedler sorgten nun nicht mehr für die Gemeinschaft, sondern für sich selbst und ihr eigenes Land. Und weil jedoch noch etwas fehlt, um wirklich eine Gesellschaft zu formen, sorgte die freundliche britische Krone auch außerdem für Frauen.

Liste der deportieren Frauen in Glas eingraviert

Das Wort „Gebärmutter“ empfand ich niemals als so erniedrigend wie in diesem Moment!

Schiffsweise deportierte irische Frauen, vorzugsweise minderjährig und verwaist, liefen in Sydney am Hafen ein. An Bord bekam eine jede die Erstausstattung für ihr Leben in der neuen Heimat. Und sie wurden schön herausgeputzt, damit sich schnell ein Ehemann findet. Wie enttäuscht müssen die frisch gewaschenen Frauen gewesen sein, als sie auf ihr zukünftiges Leben unter stinkenden Männern und hungrigen Ratten trafen. Ihre Namen findest du in Glas graviert im hinteren Garten der Baracken.

Die ersten Begegnungen mit den Landownern

Sukzessiv trafen die Siedler unvermeidlich auf die eigentlichen Landbesitzer, heute noch als Landowner bezeichnet.

Aboriginal and Australian Flag on Harbour Bridge

Dieses Zusammentreffen war alles andere als ein glücklicher Umstand. Die ersten Siedler und deren Herrschaften kamen sich intelligent und zivilisiert vor. Und so entglitt den Mächtigen in England ein Stück ihres englischen Benehmens und sie schlachteten ganze Stämme vielfach ab.

In ihrer Unfähigkeit zu verstehen, dass ein Baum für Nations ein Lebewesen ist, verschuldeten sie sich nicht nur am Leben der Menschen, sondern auch an den Vorfahren. Einige Gebiete tragen heute noch die Namen der Gräueltaten wie „The Murdering Hut Creek“.

Vor dem Betreten der Baracken wird eindringlich davor gewarnt, dass die Geschichte zwischen den Siedlern und den Aborigine People alles andere als herzlich und liebevoll gewesen ist. Die Ungerechtigkeit, ein fremdes Land für sich beanspruchen zu wollen, bewies sich in Brutalität und Härte. Hunderte wurden verschleppt und ermordet.

Wie auch zuvor, werde ich in meinen weiteren Erzählungen wieder das Wort „Nations“ benutzen, statt „Aborigine People“. Es trifft einfach besser, was die Landowner sind. Nationen von verschiedenen Kulturen aus unterschiedlichen Stämmen. Sie haben eines gemeinsam, als Eigentümer des Landes in Australien wurden sie erst gesehen, als die Krone Englands ihnen dieses wieder zusprach. So dürfen sie zwar „sein“ und werden auch als Landowner bezeichnet, doch die Ungerechtigkeit ist noch lange nicht ausgestanden.

Die Vielzahl ihrer Kulturen, Sprachen und Hintergründe sind so zahlreich, wie die Größe des Landes nun mal hergab. Deshalb sind sie weit mehr als nur „Aborigines“, sie sind ganze Nationen!

Doch die ersten Siedler hofften auf ein gutes Leben

Es muss erschreckend gewesen sein, festzustellen, dass das Abschlachten der Völkerstämme nicht so einfach ist, wie man gedacht hatte. Überall und immer wieder trafen die Siedler bei der Ausbreitung auf Nations. Die Kinder einiger Stämme wurden verschleppt und in Schuleinrichtungen gebracht, wo sie lernen sollten, zivilisiert zu leben.

Noch heute sind ganze Sprachen von Stämmen verstummt. Nimm einer Kultur die Worte und sie werden verschwinden! Diese Zeiten waren so grausam, ich möchte es mir nicht vorstellen. Einige dieser Verschleppungen reichen bis in die 70er Jahre. Noch heute haben viele Nations unter diesem Trauma zu leiden.

Das heutige Sydney

Niemand in dieser wunderschönen und großen Stadt ist wirklich stolz auf die Vergangenheit. Wie denn auch? Wenn du nicht zugereist bist, hast du entweder Wurzeln eines Strafgefangenen oder bist Abkömmling eines Stammes. Wahrscheinlich ist beides nicht so leicht zu verdauen.

In den Ausstellungen der Baracken möchte man die Geschichte so erzählen, wie sie nun mal war. Grausam ehrlich. So wirst du am Ende auf Angehörige von Zeitzeugen treffen, die dir von ihrer Sicht auf die Dinge erzählen. Trittst du hinaus, kannst du auf das Gericht – Law Court – auf der einen Seite und die große Kathedrale – St. Mary’s Cathedrale – auf der anderen Seite der Kreuzung schauen. Beides erzählt die Geschichte der Stadt weiter.

Überfüllte Opera-Bar am Abend

Ich habe mich ein wenig in diese Stadt verliebt. Sie ist bunt und quirlig und dabei so höflich und liebevoll. Und ich sah und spürte nur ein kleines Stück der Geschichte. Hier ist noch so viel mehr!

Wenn am Abend die Sonne untergeht und die Menschen auf der Suche nach einem Platz in der überfüllte „Opera Bar“ sind, fühlt es sich ein wenig an wie „mateship“. Der Begriff benannte ursprünglich Verträge unter Schiffsleuten und bekräftigt eine starke und feste Bindung. Das australische Idiom verkörpert Gleichheit, Loyalität und Freundschaft. So sind wir nun „mateships“ von Australien – durch dick und dünn!

Aber niemand darf je vergessen: Das Land WAR, IST und wird IMMER „Aboriginal Land“ sein!

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Corinna Kruse Profilbild einer Reisejournalistin

Corinna Kruse

Als studierte und seit 2021 selbstständige Journalistin liebe ich es meine Erlebnisse in Worte zu packen. Ich möchte andere dazu motivieren, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen.

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