Wie sind Australier? Ein Fazit nach 24 Stunden „Down under“

Wir sind am ersten Zielort angekommen. Müde und erschöpft, aber unglaublich zufrieden und voller Freude auf die kommende Zeit.

„Terra Australia Incognita“ (das unbekannte südliche Land) wurde Australien vor der Entdeckung genannt. Ich frag mich ja, wer Australien so betitelt hat, wenn das Land doch noch nicht gefunden worden ist. Die Ureinwohner konnten ja nicht wissen, dass sie sich südlich von irgendwas befanden. Und selbst als es ihnen klar wurde, war es ihnen wahrscheinlich ziemlich egal. 

Nach der Entdeckung wurde es als „Down under“, dem Land unterhalb der bereits entdeckten asiatischen Länder aufgezeichnet. 

Erst 1770 prägte James Cook die australische Geschichte entscheidend. Am 28. April betrat er das Land im Namen der britischen Krone und New South Wales als britische Kolonie war geboren. Leider hatte Cook die Datumsgrenze übersehen, als er die Inselwelt durchstreifte. Auf den „WhitsundayIsland“, die Pfingstinseln im Nord-Osten von Australien ankerte er am Montag, nicht am Pfingstsonntag.

Die Aussis und wir

Wir haben Australien gestern Abend betreten und uns einen ersten Eindruck von den Aussies machen können. 

Primär ist jeder Kontakt und Dialog wirklich von einer großen Freundlichkeit geprägt. Quasi jedes Aufeinandertreffen beginnt mit einem Lächeln und der Frage, wie es mir geht. Bisher habe ich diese Frage immer offen und ehrlich beantwortet. Nicht immer wollte mein Gegenüber mit mir tatsächlich darüber sprechen, was ich augenblicklich denke und fühle. Andere Dialoge, die ich beobachtet habe, endeten deutlich schneller. Ein ins Hemd gemurmeltes „Thanks, fine“ scheint völlig zu reichen. Aber wenn ich schon so nett gefragt werden, möchte ich auch Auskunft über meinen Zustand geben. Noch. Möglicherweise bin ich in einigen Tage auch nicht mehr so auskunftsfreudig. Immerhin hörst du diese Frage fast minütlich. Den ganzen Tag – immer. Das kostet mich viel Zeit, immer darauf wortreich einzugehen. Mal ganz abgesehen von der Schlange, die sich oft hinter mir bildet, wenn ich dem netten Mitarbeiter der Fähre von meinem Gemütszustand erzähle.

Wer ist hier hartnäckig?

Doch die Aussis sind auch gründlich. Australien ist eine Insel und es ist dem Land ein Anliegen, keine fremden Pflanzen oder Tiere einzubringen, die das ökologische Gleichgewicht stören könnten. Bereits bei der Ankunft hast du eine Deklaration abzugeben, was du mitbringst. Oder eben bitte nicht mitbringen solltest. Diese Karte ist für die Zeit zwischen Landung und dem Verlassen des Flughafens dein wichtigster Begleiter. Und auch Grund für mehrfache Kontaktaufnahmen durch Flughafenmitarbeiters.

Während des Wartens auf unsere Koffer, wurden wir insgesamt acht  Mal nach der Karte gefragt. Beim zweiten Mal habe ich höflich die Frage meinem Befinden beantwortet und dann erläutert, dass ich die Karten bereits gezeigt hatte. Nach dem vierten Mal schwieg ich zu dem Umstand, wie oft ich die Karten bereits gezeigt hatte und sprach nur noch über mein Befinden. Den Sechsten hab ich nur wortlos angelächelt und die Karten hingehalten, die ich inzwischen nicht mehr ständig weggepackt hab. Und dann passierte etwas Komisches, der Achte behielt die Karten einfach. Das hat mich nun völlig verblüfft. Keine Frage danach, wie es mir geht und meine Karten behalten wollen, das ging mir zu schnell. 

Freundlichkeit und Vertrauen im Blut

Auf dem Flug zum Uluru fiel mir ein Flugbegleiter auf, der zwar der unausgesprochenen Regel der Höflichkeit folgte, dies jedoch ohne diese entwaffnende Freundlichkeit, die sonst mitschwingt. Offenbar gab es bei unserer Buchung eine Überzahlung und wir sollten nun für 45 australische Dollar Getränke und Snacks aussuchen. Als ich Jochen übersetzen wollte, sprach der Stewart plötzlich deutsch mit deutlich österreichischem Dialekt. Dies erleichterte zwar den Dialog, doch seine Freundlichkeit war sofort frostig. Mhhh, was lernen wir daraus? Wem kein australisches Blut in den Adern fließt, hat Mühe mit aufgesetzter Freundlichkeit. Dies wird später im Kontakt mit Aborigines noch deutlicher werden. Wer ist denn Australier von Geburt? Nur zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung – entweder war der Vorfahre ein Aborigines oder ein Verbrecher.
Die erste Besiedlung von Sydney erfolgte durch Verurteilte des königlichen Britanniens , die hier zur Strafe ins Exil gehen mussten. In späteren Jahren wurden Männer mit wichtigen Berufen, wie Handwerker, wegen Nichtigkeiten verurteilt und nach Sydney verschifft, um die Siedlung wachsen und instand zu halten. Die dazu ausgesetzten Jungfrauen, oft Waisenkinder, lieferten das, was zur Gründung einer neuen Gesellschaft nötig war – „Gebärmutter“ war selten so verstörend passend.

Mit den Öffentlichen unterwegs

Für den Weg von unserem Hotel zum Hyde Park wollten wir die Fähre nehmen. Das System der Öffentlichen Verkehrsmittel in Sydney ist sehr gut ausgebaut und auch leicht zu verstehen. Mit den Fähren kannst du dich schnell fortbewegen. Die Bezahlung der Fähre hingegen begeistert erst, wenn man es verstanden hat. Auf dem Weg zum Anleger stehen kleine Säulen auf dem Weg, ähnlich deutschen Verkehrsbehinderungen an gesperrten Straßen. Dort hältst du deine Kreditkarte oder dein Dauerticket vor und das war es. Kein Zettel, keine Bestätigung, nur ein kleines „möööp“. Vertrauen die Aussies einander so sehr, dass nichts weiter für diese Fahrt benötigt wird? Jochen hielt also seine Kreditkarte davor und ich benutze für solche Transaktionen gerne meinen Bezahlring. Für Emma hatten wir kein Ticket gelöst, weil uns leider niemand sagen konnte, bis wann die Fahrt für Kinder kostenfrei ist. Beim Verlassen der Fähre am „Cicular Quay“ mussten wir dann aber doch durch Klapptüren, die sich mit der zuvor gewählten Bezahlmethode öffnen ließen. Emma wurde kurzerhand kostenfrei durchgelassen. Die Fahrt vom Anleger „Double Beach“ bis „Circular Quay“ kostete einen australischen Dollar, ca 63 Cent und dauerte 20 Minuten. Einen wunderschönen Blick auf die Oper inklusive. Fun Fakt: Die Oper ist einer speziellen Muschelform nachempfunden, sondern stellt Orangenviertel da. Jörn Utzon war damals noch ein recht unbekannter Architekt, als er das Wahrzeichen schuf. Die Idee für die ungewöhnliche Form kam ihm beim Schälen von Orangen. Utzon hat das fertige Bauwerk nie gesehen. Er betrat das letzte mal australischen Boden sieben Jahre vor Fertigstellung. Manchmal ist mit den Australiern nicht gut Orangen, äh Kirschen essen.

Sauber und leise

An jeder Straßenecke fällt die Sauberkeit und Ordnung auf. Es liegt kein Müll rum und die Bäume sind gepflegt. Dennoch dürfen sie dort wachsen, wo sie hinwollen. Und sei es auf den Bürgersteig. Dann musst du nur aufpassen, dass du dir den Kopf nicht an den herunterhängenden Ästen stößt. Mitten in einer Millionenmetropole ist es erstaunlich leise. Selbst, wenn du an einer großen Straße zur Rush-Hour stehst. Ich dachte zunächst, meine Ohren sind vom Flug noch dumpf. Es war einfach erstaunlich leise für so viel Verkehr. Ganz anders als im quirligen Bangkok oder auf den Straßen von Dubai. Jochen und mir wurde fast zeitgleich klar, dass der Grund für die Ruhe ein anderer, als verstopfte Ohren ist. Die meisten Fahrzeuge sind E-Autos. Still und ohne Abgase. Zudem ist es ein Gesetz, das Auto auszuschalten, wenn du stehst. Dementsprechend angenehm ist die Luft.

Doch es gibt Ausnahmen

Die Aussis lieben, was sie tun und beherrschen Freundlichkeit in Perfektion. Selbst als wir gegen das Gesetz verstoßen haben und mit Emma an einer Bar Platz nahmen, wurden wir sehr höflich auf unser Fehlverhalten aufmerksam gemacht. Man entschuldigte sich sogar für die Umstände, die uns gemacht wurden, weil wir uns umsetzen mussten.
Doch habe ich am Abend den schlechtesten Service erlebt, der mir jemand zuteil kam. Zunächst war ich von der Servicekraft sehr beeindruckt, die mich bei der Bestellung eines Käse Brettes nach Allergien fragte. 1 1/2 Stunden nach dem Servieren der Vorspeise kam sie mit zwei Tellern an den Tisch. Meiner Platte und einem falschen Gericht. Sie wollte nun meine Platte abstellen, ich nahm schnell den dreckigen Teller vor mir weg. Sie servierte und ging – und mich mit dem dreckigen Teller in der Hand verblüfft zurück.
Mein Essen war übrigens voller Haselnüsse. Auf die Rechnung haben wir 1/2 Stunde gewartet, nur um festzustellen, dass man unserer Wunsch nach der Rechnung zwar vernommen, aber schlichtweg ignoriert hatte.
Auf dem Weg ins Zimmer fragte der Nachtportier, wie es mir geht. 20 Minuten hat er mir lächelnd zugehört und sich für das Erlebte entschuldigt, an dem er nicht mal Anteil hatte.
Es sind merkwürdige Menschen, aber konsequent.

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Corinna Kruse Profilbild einer Reisejournalistin

Corinna Kruse

Als studierte und seit 2021 selbstständige Journalistin liebe ich es meine Erlebnisse in Worte zu packen. Ich möchte andere dazu motivieren, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen.

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