Nicht selten bekomme ich bei Terminen etwas angeboten. Kaffee, Wasser, Tee? Einen Keks? Dankend ablehnen, ohne dem Gastgeber zu Nahe treten zu wollen, ist nicht sehr leicht.
Wir leben ja hier in Deutschland und nicht in anderen Kulturen, wo höfliches ablehnen dazu gehört. In der persischen bzw. iranischen Kultur gibt es „Taarof“. Eine Art, den eigenen Willen zu verleugnen, um dem Gegenüber ein gutes Gefühl zu geben bzw. Anerkennung zuteilwerden zu lassen. Die Annahme des Angebotes erfolgt erst nach der dreimaligen Nachfrage.
Ich muss mich hierzulande nach dem ersten Angebot schon rechtfertigen, warum ich nichts möchte. Irgendwann entgegne ich lächelnd: „Nein, danke. Ich faste!“ Die Gegenantwort ist zumeist: „Aber Wasser geht doch!“
Dass ich auch kein Wasser trinke, löst in der Regel eine Debatte über Gesundheitsaspekte aus. Ich verweise dann auf die interdisziplinäre Studie, die ich im Beitrag über meine Vorbereitung auch angesprochen habe.
Und spätestens jetzt werde ich nach den Motiven gefragt. Das Gespräch gleitet in eine Richtung, die ich manchmal schwierig einschätzen kann. Doch im Laufe der vielen Unterhaltungen habe ich gelernt, schnell zu merken, ob mein Gegenüber wirklich Interesse an meinem Glauben hat.
Manchmal werden wir Fastenden einfach in eine Schublade gesteckt. Jeder der fastet, muss ein Moslem – eine Muslima sein. Innerlich schmunzeln muss ich, wenn mir eine andere Fastenidee quasi als Ausweg angeboten wird. Ich könne ja auch Medien fasten, das machen heutzutage ja auch viele.
Kürzlich hab ich eine Praline für den Abend mitgenommen. Das wurde sofort wahrgenommen und die Reaktion kam prompt: „Aber du kannst die nicht essen, du fastest doch!“. Danke für die Erinnerung.
Es gab auch tolle Dialoge mit Menschen, die meine Vorstellung von Glauben und Gott in wenigen Sätzen nachvollziehen konnten, auch wenn sie vom Bahaitum noch nie gehört hatten.
Unangenehm finde ich allerdings, wenn auf die Aufklärung meiner Fastenzeit die Frage kommt, wie viel ich schon abgenommen habe. Natürlich steht Abnehmen nicht auf der Liste von Gründen, warum ich faste. Dennoch fällt es mir schwer zuzugeben, dass ich eher momentan zunehme.
Ich gönne mir zum Fastenbrechen Dinge, die ich seit Jahren mit Rücksicht auf mein Gewicht nicht mehr esse. Und ich trinke gerne allerlei süße Säfte.
Ich habe an dieser Stelle mal erzählt, dass ein junges Mädchen, die auch zum ersten Mal fastet, sich auf die Schokolade abends im Bett freute. Ihr Papa hat mir heute erzählt, dass sie dazu nicht mehr kam, weil sie vorher einschlief. Ja, das kann ich nur zu gut verstehen.
Für ein gutes Frühstück stehe ich morgens um kurz vor sechs auf. Mein Tag ist lang und vollgepackt. Am Abend futtere ich mir einen runden Bauch und dann will ich einfach nur noch schlafen – zur Not auch mit Schoki in der Hand….
Stay tuned – es gibt noch so viel zu berichten. Jetzt freue ich mich auf den Sonnenuntergang in 31 Minuten und 2 Sekunden.
2 Antworten
Es sollte nicht dir, sondern den Fragesteller:innen peinlich sein, so eine
1. indiskrete und
2. hochgradig antiquierte
Frage nach abgenommen Kilos zu stellen.
Damit sich der sehr gesunde und gute Gedanke der Körperneutralität weiter verbreiten kann, hier ein Link.
https://pinkstinks.de/warum-sind-kommentare-zu-koerpern-nicht-okay/
Ja, da gebe ich dir vollends recht. Bodyshaming ist ein grösseres Thema, denn je zuvor. Umso wichtiger ist es, dass wir lernen, sensibel mit uns und Kommentaren zu sein.